Wie bringt man mehr Begeisterung in Österreichs Tennis-Events?

Heute: Raimund Stefanits und Andreas Du-Rieux

Lange ist es her, dass sich Österreichs Tennisfans über so viele internationale Erfolge der heimischen Tennis-Asse freuen konnten. Sowohl die Damen mit Sybille Bammer, Yvonne Meusburger und den jungen Tamira Paszek und Niki Hofmanova als auch die Herren mit Jürgen Melzer, Stefan Koubek, Alexander Peya oder Werner Eschauer stürmen derzeit von Sieg zu Sieg. Gerade jetzt muss alles unternommen werden, um diese Euphorie in die nationalen Tennis-Events mitzunehmen.
tennisweb.at sucht bei Österreichs Tennis-Promis nach Ideen zur positiven Umsetzung.


Raimund Stefanits, Hofmanova-Manager und Turnierdirektor in St. Anton am Arlberg
Meiner Meinung nach muss bei den österreichischen Turnieren das passieren, was wir in St. Anton am Arlberg schon seit Jahren praktizieren: nämlich die Leute in der besten Zeit möglichst gut zu unterhalten. Bei den Tennismatches sitzen und warten und anschließend nach Hause zu fahren interessiert niemanden mehr. Ich glaube, dass viele Fans beim Daviscup gerne 45 € gezahlt hätten. Aber dafür wollten sie etwas geboten haben! Essen und Trinken sind da Voraussetzung. Ohne Unterhaltung wird es nicht mehr Begeisterung geben und wir werden alle verlieren.

Andreas Du-Rieux, ORF-Tennis-Moderator
Der Tennissport ist noch zu konservativ, um ein Turnier zu einem großen Event zu machen. Für mehr Stimmung müsste man die Turniere lockerer gestalten. Bei den US Open hat man beispielsweise das Gefühl, auf einem Jahrmarkt zu sein. Und bei einem NBA-Spiel machen die Leute ein Picknick. Die neuen Regeländerungen halte ich hingegen nicht für sinnvoll. Das statt dem dritten Satz entscheidende Champions-Tiebreak im Doppel und das neue Gruppen-System im Einzel gefallen mir gar nicht. Die Stimmung hängt viel mehr vom Schauplatz ab. Zurückblickend auf den Daviscup hat es mir als Tennisfan weh getan, dass die Halle nur zur Hälfte voll war. Und wenn die Zuschauer nicht auf die Idee kommen, Stimmung zu machen, dann muss man sich etwas einfallen lassen. Cheerleader oder andere Stimmungsmacher bewähren sich immer. Außerdem hat man vor dem Daviscup in Linz und Umgebung nicht viel mehr als drei Plakate gesehen.

Peter Moizi, Tennis-Journalist der Kronen Zeitung
Es wäre falsch, wegen dem letzten Wochenende alles schwarz zu malen. Dass das Produkt Tennis in Österreich funktioniert, hat man bei den vergangenen ATP-Turnieren in der Wiener Stadthalle gesehen. Beim Daviscup ist aber leider alles den Bach hinunter gelaufen: zu wenig Euphorie im Vorfeld, zu teure Kartenpreise in einer Stadt, die keine Daviscup-Tradition hat, und zu guter Letzt ängstlich agierende Spieler. Bei einem Länderkampf muss man cooler und hungriger sein. Jürgen Melzer und Stefan Koubek sind insgesamt lieb und brav, aber sie sind nicht die Typen, die ihre Zuschauer aus den Socken reißen können. Leider haben unsere Burschen eine Chance ausgelassen, wieder mehr Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Denn den Tennisfans ist ein Daviscup-Sieg oft mehr wert als beispielsweise ein Erfolg bei einem Grand Slam-Turnier.

Hakan Dahlbo, Estess-Tennistrainer
Man spricht hierzulande viel zu viel von den schlechten Dingen, aber man macht sich keine Gedanken über die guten. Deswegen muss man auch den Medien an einer schlechten Stimmung Schuld geben. Alle Spieler arbeiten hart, doch im Tennis kann es nur einen Gewinner geben. Leider werden die Sportler oft viel zu schnell hoch gezogen und danach sind wir enttäuscht, weil sie unsere Erwartungen nicht erfüllen. Zu kritisieren ist immer einfach, doch wir müssen uns bewusst sein, dass Österreich zurzeit keinen Muster hat. Aber auch Thomas Muster hat am meisten geleistet, als er nach seiner unglücklichen Knieverletzung 1989 am Boden war. Tom hat in seiner damaligen Situation das Positive gesehen, viele andere hätten jedoch nur Angst vom Versagen gehabt. Alles in allem würde ich mir wünschen, dass man in Österreich mehr zum Positivismus übergeht.

Stefan Hirn, ÖTV-Nummer 22 und tennisweb.at-Kolumnist
Dass das österreichische Publikum begeisterungsfähig ist, hat man schon oft genug gesehen. Doch ohne Leistung kann schwer Euphorie entstehen. Als zwei Österreicher bei der letzten BA-CA-Trophy im Viertelfinale gestanden sind, war die Stadthalle voll. Was uns jedoch fehlt, sind Charakteren - wie zum Beispiel Gael Monfils. Das ist auch der Grund, dass unsere Spieler für die Werbung uninteressant sind. Ich habe sie noch nie von einer Plakatwand lachen sehen. Vielleicht wäre da einmal ein Medientraining notwendig. Die Schifahrer sind in dieser Hinsicht ein absolutes Vorbild. Auf der anderen Seite würde ich die fehlende Begeisterung der österreichischen Zuschauer nicht auf Passivität zurückführen. In Klagenfurt beim Beachvolleyball-Event oder in Schladming beim Nacht-Slalom sieht man, dass genau das Gegenteil der Fall sein kann. Die Eintrittspreise möchte ich ebenso nicht als Ausrede gelten lassen. Denn wenn die Leistung und das Flair passen, dann sind die Leute auch bereit, mehr Geld auszugeben.

Christian Fell, Chefredakteur "Happy Tennis"
Ich würde die Begeisterungsfähigkeit des österreichischen Tennispublikums nicht an einem Wochenende als Gradmesser festmachen. Ich glaube auch nicht, dass eine wie immer geartete "typisch österreichische" Lethargie für mangelnden Besuch oder gar die Davis Cup-Niederlage verantwortlich ist. Sicher wird man keinen Massenansturm erzeugen, indem man die Schwelle für den Besuch, z.B. durch schmerzhafte Eintrittspreise, besonders hoch legt. Wenn niemand zu einem Event kommt, ist es nicht gut oder zu teuer verkauft. Der Wunsch nach Topspielern und charismatischen Zugpferden ist verständlich, aber nicht die momentane Realität. Realität ist, dass viele Leute gern Tennis spielen, aber nicht so leicht zu euphorisieren sind wie früher. Das wäre eigentlich eine gute Basis für Werbefachleute. Die ATP-Tour reagierte, indem sie ihre Werbemittel verzehnfachte – und um hier die Breitenwirkung zu verbessern, wird man auch Geld in die Hand nehmen müssen, wenn man nicht gerade einen neuen Muster zur Hand hat. Die Tour sieht, dass man einen Sport – auch wenn er noch so gut ist – dementsprechend verkaufen muss. Die Frage ist: Wer hat etwas davon, dass die Fans begeistert sind, und wie kann er dazu bewegt werden, einen Beitrag dazu zu leisten? Eine andere berechtigte Frage ist: Wie bringt man mehr Begeisterung in Spieler, die Österreich vertreten?

Ronnie Leitgeb, Ex-Daviscup-Kapitän
Leider hatten wir im Vorfeld der Veranstaltung Segel ohne Wind. In den Zeitungen wurde der Daviscup nur am Rande erwähnt. Dass wir Favorit waren, wurde sogar nur in einem Nebensatz erwähnt. Das habe ich nicht verstanden. Die Meinung, dass die geringen Zuschauerzahlen mit den teuren Eintrittspreisen zusammen hängen, teile ich nicht. In den letzten 25 Jahren Daviscup habe ich erkannt, dass sich das österreichische Fan-Potenzial etwa bei 2500 bis 3000 Zuschauern befindet. Die Ausnahmen sind die großen Daviscup-Schlager und das Wiener Stadthallen-Turnier. Ein 3000 Zuschauer fassendes Stadion hätte also gereicht und die Stimmung wäre dann auch besser gewesen.

Alex Antonitsch, Ex-Daviscupper und ORF-Co-Kommentator
Der Grund für die schwachen Zuschauerzahlen liegt meiner Meinung nach an den zu teuren Eintrittspreisen. In Linz war die billigste Daviscup-Karte um 45 Euro zu haben, bei Deutschland gegen Kroatien ist man aber schon mit 15 Euro ins Stadion gekommen. Auf der anderen Seite müssen auch die Spieler mehr zu vollen Rängen beitragen. Sie müssen positive Emotionen zeigen und an das Publikum weiter geben. Leider haben dann auch noch die Nerven nicht ganz mitgespielt. Jürgen hat bei den unwichtigen Punkten gut gespielt, bei den wichtigen jedoch ganz schlecht.

Alfred Tesar, FedCup-Kapitän
Die Stimmung auf den Rängen hängt immer mit der Präsentation der Spieler am Platz zusammen. Und über diese waren viele Zuschauer enttäuscht und verärgert. Die Leute zeigen Begeisterung, wenn ihnen Engagement und Kampfgeist von den Spielern vermittelt wird. Deswegen hat sich das Publikum mit Thomas Muster so gut identifiziert. Aber die Chancen kommen wieder, wenn man daran glaubt und arbeitet. Die Preise waren zudem definitiv überhöht. Auch die samstägige Jugendaktion mit 10 Euro Eintritt war nicht zufriedenstellend, denn das ist für einen Jugendlichen noch immer zu viel. Da müssen Kompromisse gemacht werden.


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