Lebensretter Treu: Bis September Profi - aber dann ist Schluss

Dr. Walter Treu – Nummer eins des Wiener Park Clubs – im tennisweb.at-Interview. Über sein bewegtes Wochenende mit Wiederbelebung und Siegen über Galimberti und Ager.

Walter, ein sehr bewegtes Wochenende liegt hinter dir. In Vandans hast du eine Schiedsrichterin wiederbelebt. Wie war das?
Während der ersten Einzelspiele hatte eine Stuhlschiedsrichterin das Bewusstsein verloren. Es hat gewirkt, als ob sie auf dem Stuhl eingeschlafen wäre, sie war nicht mehr ansprechbar, hat auch keinen Puls mehr gehabt. Mit einem Herrn aus dem Klub haben wir sie dann vom Stuhl gehoben und mit Beatmung und Herzmassage wieder belebt.

Sicher ein ziemlicher Schock?
Es herrschte richtig Panik, wie das bei so einer Sache eben ist. Der Notarzt hat sicher 20 Minuten gebraucht, bis dahin haben wir sie in stabiler Seitenlage auf dem Platz liegen lassen. Später hat sich herausgestellt, dass sie wegen einer Herzerkrankung in Behandlung ist.

Davon unbeeindruckt hast du dann dein Einzel gegen Giorgio Galimberti gewonnen ...
So ein Ereignis relativiert das Ganze. Du gehst in die Partie rein, spielst einfach. Und du ärgerst dich nicht über irgendwelche Fehler. Da merkst du wie unwichtig es ist, ob du gewinnst oder verlierst.

Letztlich hast du gewonnen, und Galimberti steht im Ranking um 200.
Er hat mich sicher unterschätzt. Gerade hat er noch Spadea in Rom geschlagen, dann verliert er hier. Er hat sich geärgert, zwei Schläger kaputtgemacht – ein bisschen wie der Köllerer ist er mir vorgekommen.

Tennismäßig läuft's ja derzeit sehr gut – nach dem Sieg über Galimberti hast du ja auch Joe Ager glatt geschlagen. Wieso bist du so gut in Form?
Da es jobmäßig für mich als Arzt nicht gut ausschaut, trainiere ich derzeit professionell: Ich spiel zweimal am Tag Tennis, spiele Liga in Österreich, Italien, Deutschland und der Schweiz. Und wenn's geht, spiele ich Turniere zwischendurch.

Wo genau liegt das Job-Problem?
Im September vorigen Jahres bin ich mit dem Studium fertig geworden. Aber es gibt keine offenen Stellen für junge Ärzte. Ich hab mich in ganz Österreich beworben und leider keine positive Antwort bekommen. Ich versuche auch übers Tennis Kontakte zu knüpfen, Ernst Wolner habe ich zum Beispiel gefragt. Aber auch da kam nichts raus.

Wie geht's bei dir weiter?
Ich werde den Sommer über weiterspielen: Liga, Preisgeldturniere. Ab September möchte ich dann zu arbeiten anfangen. Wie es ausschaut, werde ich nach Deutschland gehen.

Ist dort die Jobsituation besser?
Wenn man arbeiten will, bekommt man etwas. Ich habe schon Kontakte zu einem kleineren Krankenhaus. Zwar muss man rund um die Uhr arbeiten, für wenig Geld – aber wenigstens arbeitet man. Nur mit dem Tennis wäre es dann von heute auf morgen vorbei.

Weil?
Wegen der Arbeitszeiten. Und weil es dort weit und breit keinen Tennisplatz und keine Trainingspartner gibt.

Aber du gehst trotzdem hin, wenn du keine Stelle in Österreich findest?
Der Job ist wichtiger. Es wäre natürlich schade, da ich derzeit sehr gut spiele. Hier könnte ich mit den humaneren Arbeitszeiten noch ein paar Jahre Staatsliga spielen – nicht auf eins, aber eben hinten.

Gibt's Ziele in deiner vielleicht letzten Saison? – Den Staatsmeistertitel vielleicht?
Ich weiß, dass ich jeden schlagen kann. Und mitspielen möchte ich bei den Staatsmeisterschaften auf jeden Fall. Es wäre aber vermessen zu sagen, ich will Staatsmeister werden. Natürlich ist das Ziel, bei jedem Turnier in Österreich, das ich spiele, auch zu gewinnen, aber Fasching, Ager, Schiessling, Falenti, Neunteibl und Neumüller sind sehr gute Spieler. Ich werde mich dementsprechend auf das Turnier vorbereiten und mein Bestes versuchen.

Interview: Peter Robic





zurück zur Übersicht