2005 als das Jahr der Sybille Bammer

Jahresbilanzen 2005 - Teil 21: Die Siegerin des tele.ring Tennis Award presented by tennisweb.at 2005 Sybille Bammer im Interview.

Sybille, für deine Saison bist du mit dem tele.ring Tennis Award 2005 belohnt worden. Was sagst du dazu?
Unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass ich gewinne. Meine Favoriten waren Tamira Paszek und ihr Vater oder Jürgen Melzer und Julian Knowle.

Die hast du ja hinter dir gelassen. Warum hättest du sie vorne gesehen?
Tamira ist halt sehr jung, ihre Erfolge in Relation zu ihrem Alter sind absolut beeindruckend. Und dass Jürgen und Julian sich in so kurzer Zeit so weit vor spielen konnten, ist auch toll.

Hast du das Voting verfolgt?
Nur nebenbei. Ich hab zur Zeit der Wahl sehr hart trainiert, hab nur ab und zu reingeschaut.

Kommen wir doch zu den Gründen, für die du überhaupt nominiert wurdest: Top 100 geknackt, Österreichs Nummer eins geworden, tolle Vorstellung beim Heimturnier in Linz gezeigt. Ein unglaubliches Jahr ...
2005 war die Saison mit dem größten Tiefpunkt und dem größten Höhepunkt meiner Karriere.

Der Tiefpunkt war der FedCup?
Ja. Das Ganze hat mich sehr beschäftigt. Gut, dass Alfred und ich uns jetzt ausgesprochen haben.

Zu den positiven Erlebnissen 2005: Top 100-Einzug, Viertelfinale in Linz, Österreichs Nummer eins. Warum ist es heuer so gut gelaufen?
Es war eine Belohnung für das harte Training der letzten Jahre. Und meine Mentaltrainerin Hanna Lug hat mir auch sehr geholfen.

Wie macht sich Mentaltraining konkret bezahlt?
Kalkutta, als ich ohne Schläger dastand (sie wurden am Londoner Flughafen vergessen), fällt mir da ein. Ich hab mich nicht fertig gemacht, versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Ich hab mir einen Schläger ausgeborgt, Schuhe und Gewand gekauft - und dann gegen Nicole Pratt eine perfekte Leistung gezeigt.

Was ist der Unterschied zwischen Sybille Bammer heute und vor einem Jahr?
Ich hab die Big Points heuer einfach besser gespielt. Das Niveau im Tennis ist irrsinnig gestiegen in den letzten Jahren, da entscheiden ein paar Punkte.

Ein Beispiel?
Gegen Iveta Benesova in Cincinatti: Da war ich 4:5 und 30:40 hinten, hab mich geärgert. Ich hab mir aber selber eine neue Chance gegeben, den Satzball mit einem Vorhand-longline-Winner aus der Bedrängnis abgewehrt und das Match gewonnen.

Das war nach acht WTA-Hauptbewerbsniederlagen in Folge dein erster Sieg im Hauptbewerb bei einem großen Turnier. Ein Schlüsselerlebnis?
Viele Hauptbewerbsmatches hab ich im Kopf verloren. Natürlich war das auch eine mentale Blockade. Ich hab gewusst, wenn ich es einmal schaff’, eine Runde zu gewinnen, gelingt mir das immer wieder.

Und so war’s dann auch – in Kalkutta und Linz hast du Viertelfinale gespielt.
Linz war sicher der Höhepunkt. Da hab ich endlich auch daheim meine Leistung gebracht.

Warum hat das vorher nicht geklappt?
In Linz bin ich immer sehr aufgeregt, will auf jeden Fall eine gute Leistung bringen. Und da hab ich sonst immer mehr trainiert als normal. Diesmal war der Ablauf gleich, wie bei jedem anderen Turnier. Und es war gut so.

Deine beiden Siege in Linz sind besonders hoch zu bewerten: Du hattest eine Bauchmuskelzerrung und Handgelenksprobleme. Viele andere hätten gar nicht gespielt ...
Für mich war klar, dass ich in Linz nicht aufgeb’. Ich bin eine Beißerin!

Die sind im Damentennis nicht so verbreitet, oder?
Es gibt schon ein paar, die an meiner Stelle aufgegeben hätten. Ich hab erst zweimal in meinem Leben aufgegeben – heuer in Japan wegen dem Handgelenk und letztes Jahr in Italien, als mir so übel war.

Mit deinem Kampfgeist hast du es bis in die Top 80 geschafft. Die Top 50 hast du als nächstes Ziel genannt. Was musst du dafür noch verbessern?
Ich muss besser variieren, öfter meinen Linkshänderaufschlag einsetzen und versuchen, in den entscheidenden Situationen mehr Länge auf der Vorhand zu spielen. Da kann ich noch viel lernen.

Und wie?
Ich versuch’ mir viele Matches von Linkshändern anzuschauen. Ich war immer ein Fan von Thomas Muster, er ist mein Idol.

Du spielst ja ähnlich wie er. Bewusst?
Schon. Ich bin eine Kämpferin, wie er. Ich hab eine gute Kondition, geh’ gerne die langen Rallyes. Ich bin nicht der Typ, der nach zwei oder drei Schlägen den Punkt schießt.

Aber das Schießertennis setzt sich in der Weltspitze immer mehr durch. Ist dein Spiel da nicht etwas überholt?
Eine Patty Schnyder schießt auch nicht unbedingt die Punkte, und die steht ziemlich weit vorne. Sie ist ja auch eine Linkshänderin ...

Der direkte Link zur Activity von Sybille Bammer.

Interview: Peter Robic




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