Patricia Mayr: "Ich bin cleverer geworden"

Jahresbilanzen 2005 - Teil 17: 2005 war das Jahr, in dem Patricia Mayr den Pfad der internationalen Bedeutungslosigkeit verlassen hat – und sogar zur Seriensiegerin wurde.

Du spielst seit 2001 internationale Damen-Turniere. Im Vorjahr waren dir deine ersten zwei Hauptbewerbssiege vergönnt – heuer kommst du alleine seit Juni auf 14, darunter zehn in Serie ohne Satzverlust. Wie gibt's das?
Ich glaube, ich bin recht talentiert, nur war ich früher immer ein bisschen faul. Aber heuer habe ich mir schon zu Beginn des Jahres vorgenommen, so richtig Gas zu geben. Ich habe viel härter trainiert, jeden Tag konstant um die sechs Stunden.

Warum haben sich dann nicht schon vor dem Sommer die Erfolge eingestellt?
Das hat bei mir einfach eine Weile gebraucht. Ich war viel mit meinem Bruder bei Turnieren unterwegs. Ich hab zu dem Zeitpunkt so ziemlich ohne Kopf gespielt. Wir haben daher viel über mentale Sachen geredet, und es ist dann nach und nach immer besser geworden. Ab dem Turnier in Jesi bin ich dann auch viel entspannter in meine Matches gegangen.

So entspannt, dass es drei Turniersiege bei 10.000ern wurden. Hand aufs Herz: Hast du damit gerechnet?
Gehofft hab ich schon darauf, aber gerechnet wirklich nicht.

Woher kam diese angesprochene Lockerheit?
Es hat einfach "Klick" gemacht, ich bin vom Kopf her cleverer und reifer geworden. Und ich spiele jetzt viel intelligenter, mir geht fast alles auf. Das liegt sicher auch daran, dass ich wieder nach Österreich gewechselt habe. Seit September trainiere ich nicht mehr in Oedwil in der Schweiz, sondern wie schon früher in Seefeld mit Hakan Dahlbo ...

... und drei Wochen später hast du dein erstes Future gewonnen. Wie kann ein Trainer in so kurzer Zeit aus einer – mit Verlaub – Mitläuferin eine Seriensiegerin machen?
Ich glaube, dass das weniger an den drei Wochen mit Hakan gelegen hat, sondern in erster Linie an mir selber und auch an der Vorbereitungsphase mit meinem Bruder Patrik in der Schweiz. Natürlich haben Hakan und ich noch ein paar Sachen verbessert vor den Turnieren, Vorhand und Aufschlag waren ja viel zu unkonstant. Das Wichtigste ist aber, dass ich jetzt wieder in meiner gewohnten Umgebung bin und meine Eltern wieder öfter sehe. Ich fühle mich hier in Tirol sehr viel wohler.

Warum war das in der Schweiz nicht mehr so?
Das Training mit dem Patrik hat eigentlich gepasst. Aber sonst war ich gegen Ende schon ziemlich alleine und hatte keine wirkliche Sparringpartnerin mehr. Die zwei Wochen, bevor ich zum Hakan gegangen bin, habe ich auch noch pausieren müssen, da ich seit einem halben Jahr Schmerzen im Arm habe. Die gehen zwar nicht wirklich weg, sind aber momentan zum Glück etwas besser. Und außerdem ist auch mein Freund wieder zurück nach Seefeld gegangen.

Jemand aus dem Tennis?
Nein, überhaupt nicht. Er heißt Manuel und ist Bäcker. Hin und wieder fährt er mit mir auf Turniere mit und hat das Turniertennis somit ein bisserl kennen gelernt, auch wenn er selbst nicht spielt. Wir wohnen mittlerweile zusammen, und er unterstützt und motiviert mich wirklich sehr. Wenn es sein Beruf zulassen würde, würde er gern viel öfter mit mir auf Turniere fahren.

Wie gefällt es dir in der Trainingsgruppe mit Eva-Maria Hoch und Yvonne Meusburger?
Sehr gut. Es macht mir viel Spaß mit den beiden, wir passen recht gut zusammen.

Was kann man von ihnen lernen – besonders von Yvonne?
Von ihrer Einstellung kann man sich wirklich etwas abschauen. Sie ist sehr eifrig und immer motiviert fürs Training. Wenn man selber gerade keine Lust hat und ihr zusieht, packt einen dann doch der Ehrgeiz, und man gibt noch einmal Vollgas.

In der nationalen Turnierszene sagt man dir ja nach, dass in der Vergangenheit deine Hauptinteressen – vorsichtig formuliert – nicht immer nur beim Tennis gelegen sind. Macht das die neue Patricia Mayr aus, die sich jetzt mehr aufs Tennis fokussiert?
Auf jeden Fall. Ich bin drauf gekommen, dass es als Profi nur Sinn macht, wenn man 100 Prozent gibt. Ich will jetzt voll durchstarten.

Du bist derzeit Österreichs drittbeste Teenagerin. Was bedeutet das für dich?
Wirklich? Das hab ich gar nicht gewusst. Es ist mir allerdings auch nicht wichtig, darauf schaue ich nicht. Ich spiele nur für mich selber und will in der WTA-Rangliste nach vorne kommen - darauf konzentriere ich mich. Was die anderen machen, interessiert mich daher nicht besonders.

Wie groß schätzt du dein Potenzial ein?
Ich denke, dass ich es unter die Top 100 schaffen könnte. Wenn ich die nächsten zwei, drei Jahre mit Hakan voll arbeite, ist das sicher möglich. Davon bin ich genau genommen sogar überzeugt.

Was macht dich da so sicher?
Ich spiele von Zeit zu Zeit außerhalb von Turnieren Vergleichskämpfe gegen einige Spielerinnen – auch welche, die in den Top 100 stehen. Und da halte ich eigentlich immer sehr gut mit, gegen manche gewinne ich sogar.

Klingt interessant. Beispiele?
Zum Beispiel habe ich Lilia Osterloh geschlagen, die Amerikanerin. Die müsste jetzt in der Weltrangliste so um 150 stehen, war aber schon mal um Platz 40. Drei, vier Mal habe ich mit Patty Schnyder in der Schweiz trainiert und auch einen Satz gegen sie gespielt – und von einem 0:6 kann nicht die Rede sein, ich hab nur 3:6 verloren. Gegen Ludmila Cervanova hab ich auch schon gespielt. Und da waren auch noch ein paar Meisterschaftsmatches gegen einige gute Gegnerinnen in der Schweiz, die gut platziert sind.

Erfolge auf 10.000er-Ebene gut und schön ... aber werden für dich 2006 nicht auch langsam Challenger ein ernsthaftes Thema?
Natürlich. Ich will nächstes Jahr sogar hauptsächlich Challenger spielen. Die Saison werde ich zwar ab 9. Jänner noch mit zwei Futures in Deutschland eröffnen, dann möchte ich aber umsteigen. Ich hoffe, dass ich danach beim 75.000 Dollar-Turnier in Ortisei in die Quali hinein komme.

Mit welchen Erwartungen gehst du ins neue Jahr?
Ich möchte so weiter machen, wie ich bei den letzten Turnieren 2005 aufgehört habe.

Wenn man die Punkte deiner letzten vier Turniere auf 17 Turniere, die ins WTA-Ranking maximal aufgenommen werden, hochrechnet, dann wärst du in der Weltrangliste um Platz 370 – ganz knapp hinter Tamira Paszek, de facto sechstbeste Österreicherin in der Weltrangliste ...
Wäre toll, wenn ich schon jetzt dort stehen würde. Mein Ziel für 2006 ist aber noch höher: Ich nehme mir die Top 300 vor. Aber wer weiß: Vielleicht werden es ja sogar mehr als nur die Top 300.

Der direkte Link zur Activity von Patricia Mayr.

Interview: Manuel Wachta




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