"Jetzt will ich's erst recht beweisen"

Sybille Bammer im tennisweb.at-Interview. Wie sie ihren Abgang aus dem FedCup-Team sieht. Was sie von Tamira Paszek hält. Und wie es jetzt weiter geht.

Heute ist dein 25. Geburtstag. Nach der FedCup-Woche und der Niederlage gestern hast du wahrscheinlich nicht allzu viel Grund zum Feiern. Gibt's dennoch eine Party?
Nein, es ist nichts Besonderes geplant. Ich hab heute Vormittag schon zweieinhalb Stunden trainiert, am Nachmittag trainier' ich dann noch mal.

Kurz zu deiner Partie von gestern: Null und zwei gegen Klösel, die du davor immer besiegt hast. Was war los?
Ich war unkonzentriert und hatte seit vier Wochen kein Match mehr gespielt - das war zuviel. Dazu kam, dass Sandra sehr gut gespielt hat, daher das glatte Ergebnis.

Die Vermutung liegt nahe, dass dir die FedCup-Geschichte noch nachhängt …
Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, es ist eine Erlösung für mich, dass die Sache mit dem FedCup endgültig vorbei ist.

Der FedCup ist jetzt seit einigen Tagen Geschichte, Österreich hat 1:4 verloren, mit Anstand. Hast du die Partien gesehen?
Das Ende von Yvonnes Sieg gegen Dechy hab ich gesehen, mehr nicht, weil ich dann nach Frankreich abgereist bin.

Und wie war das Gefühl, das Ganze im Fernsehen statt live zu sehen?
Natürlich hab ich mich riesig für sie gefreut - ein super Erfolg.

Hätten wir eine Chance gehabt, wenn du geblieben wärst?
Wir hatten sicher Chancen, wie man gesehen hat. Aber darüber denk ich gar nicht nach. Für mich war es die richtige Entscheidung abzureisen.

Findest du es jetzt schade, dass du abgereist bist? Von ÖTV-Seite wurde dir ja unprofessionelles Verhalten vorgeworfen. Wenn sich Yvonne oder Tamira verletzt hätten, hätte eine der Klemenschits-Schwestern Einzel spielen müssen.
Ich habe das Richtige gemacht. Ich habe jetzt endgültig kein Vertrauen mehr zu Alfred Tesar.

Schildere doch bitte aus der Distanz deine Sicht der Vorfälle in der FedCup-Woche.
Es war immer klar, dass Yvonne und ich am ersten Tag Einzel spielen, das haben wir die ganze Woche besprochen. Am Freitag in der Früh kam Alfred zu mir und hat gesagt, dass er es sich über Nacht anders überlegt hat. Er wollte jetzt Tamira beginnen lassen.

Was hast du dann gemacht?
Ich war total fertig, wollte nur noch weg. Ich war nicht einmal mehr fähig, mich zu verabschieden – obwohl das eigentlich nicht meine Art ist. Mein Trainer hat das dann für mich nachgeholt.

Alfred Tesar hat gemeint, er wollte mit dir über die Entscheidung diskutieren, von dir kam aber nichts. Warum?
Ich war einfach nur sprachlos, ich hatte damit ja überhaupt nicht gerechnet. Ich hab nur raus gebracht: "Du bist der Kapitän, du stellst auf."

War ausgemacht, dass Tamira eine Partie spielt?
Ja, Alfred wollte sie am Sonntag statt mir einsetzen.

Und damit hattest du kein Problem?
Nein.

Wie war dein Eindruck von Tamira? Ihr habt ja die Woche über trainiert.
Sie ist für 14 Jahre unglaublich weit, keine Frage. Aber ich traue mich zu sagen, dass Yvonne und ich noch einen kleinen Vorsprung haben.

Alfred Tesar hat auch ins Treffen geführt, dass Tamira gegen Staatsligaspieler Christoph Lessiak gewonnen hat, du aber nicht. Was ist da dran?
Da muss man die Hintergründe kennen: Ich wollte, dass Christoph voll serviert; bei Tamira hat er das nicht gemacht. Ich war im Training gut drauf, ich hab mit Yvonne Punkte gespielt und war 4:0 vorne. Wie er jetzt versucht, die Geschichte zu rechtfertigen, kränkt mich wirklich sehr.

Dennoch wird dir von manchen Seiten vorgeworfen, überreagiert zu haben. Zu Recht?
Man muss wissen: Die Probleme haben ja gar nicht in Pörtschach begonnen, es gibt ja eine Vorgeschichte. Bei jeder FedCup-Begegnung gab es in den letzten Jahren irgendwas. Und diesmal war es einfach zu viel.

Was gab es?
Ich hab es mir hart erarbeiten müssen, dabei zu sein, und dann bin ich immer weg geschoben worden. In St. Pölten hat man einmal vergessen, mich zum Training mitzunehmen. Im Burgenland hat mir niemand etwas von einem gemeinsamen Abendessen gesagt. In Belgien war ich quasi gleichauf platziert mit Evi Fauth, hab aber nicht gespielt. In der Woche nach dem FedCup habe ich sie in der Weltrangliste auch überholt, und nicht einmal als es schon 0:3 gestanden war, durfte ich spielen. Aber besonders enttäuscht bin ich, dass Alfred den Einzel-Einsatz von St. Pölten als Rechtfertigung für Tamiras Einsatz am ersten Tag sieht.

Er meint, du kamst mit dem variantenreichen Spiel von Husarova nicht zurecht, und Mauresmo würde ähnlich variantenreich wie Husarova spielen.
In St. Pölten hat Alfred gesagt, wenn Babsi Schwartz am Samstag gewinnt, spielt sie zu 100 Prozent auch am Sonntag. Und dann kam er, nachdem Babsi Schett gewonnen hatte, zu mir und sagte, dass ich spiele. Ich war nicht aufgewärmt, nicht vorbereitet, hatte kaum etwas gegessen – klar, dass man da nicht gut ausschaut. Das hat nichts mit variantenreichem Spiel zu tun.

Er hat gemeint, du hast es nicht verdient, nach einer möglichen Niederlage gegen Mauresmo ausgetauscht zu werden.
Ich bin 25 Jahre alt, er muss mich nicht schützen. Ich kann auch Niederlagen verkraften. Ich hatte dem FedCup alles untergeordnet, habe auf eine lukrative USA-Tournee verzichtet. Statt auf Hardcourt zu spielen, hab ich mich intensiv auf Sand vorbereitet. Ich hab sogar extra mit Ingo Neumüller und Martin Schneiderbauer trainiert, um mich auf das schnelle Spiel der Französinnen einzustellen. Ich habe mich wirklich auf die Matches gegen diese Topspielerinnen gefreut.

Tamira hat sich dann gegen Razzano und vor allem gegen Dechy sehr gut verkauft. Sind diese Spielerinnen in deinem Bereich?
Ich denke schon. Ich hatte gegen eine Zvonareva Matchbälle, hab auch gegen eine Pistolesi ein enges Match gespielt. Ich kann an einem guten Tag sicher auch eine Razzano, eine Dechy oder sogar eine Mauresmo schlagen.

Wirst du deine Klasse im nächsten FedCup-Duell beweisen? Oder ist deine in der ersten Emotion getätigte Absage auch noch ein paar Tage später definitiv?
Wenn ich sage, dass es vorbei ist, dann meine ich das auch. Ich habe kein Vertrauen mehr zu Alfred Tesar. Ich kann mir gut vorstellen, dass er Tamira sowieso an beiden Tagen aufgestellt hätte, und ich wäre auf der Bank gesessen.

Alfred Tesar genießt hohes Ansehen, er gilt als sehr kompetenter Coach. Siehst du das anders?
Ich zweifle nicht an seinem Können, aber er hat sich mir gegenüber unfair verhalten. Und leider nicht zum ersten Mal. Mich in Pörtschach doch nicht aufzustellen, war einfach eine Riesenschweinerei, mir und auch Österreich gegenüber.

Er will aber das Gespräch mit dir suchen. Bist du dafür offen?
Er kann mir viel erzählen, ich glaube ihm nichts mehr. So lange Alfred Tesar Kapitän ist, spiele ich zu 100 Prozent nicht mehr FedCup.

Mit einem anderen Captain vielleicht?
Vielleicht. Ich weiß nicht, ob ich zu einem FedCup-Kapitän jemals wieder das nötige Vertrauen aufbringen kann.

Du bist Profi, lebst vom Tennis. Für deine Sponsoren ist das kein Problem, wenn du nicht mehr FedCup spielst?
Superfund steht zu mir, dafür möchte ich ihnen danken. Aber es war schon eine sehr unangenehme Situation. Zunächst hab ich angerufen, dass ich am Samstag spiele – einige Leute wollten zuschauen kommen. Danach musste ich erklären, dass ich nun doch nicht aufgestellt bin.

Wenn der FedCup kein Thema mehr ist, wirst du dich ja jetzt noch intensiver um deine eigene Karriere kümmern können. Schöpfst du aus dem ganzen Ärger eine zusätzliche Motivation, nach dem Motto "jetzt erst recht"?
Ja, jetzt will ich's erst recht mit guten Ergebnissen beweisen, dass ich zu den besten Tennisspielerinnen in Österreich gehöre.

Wie gehtÂ’s bei dir weiter?
Jetzt spiele ich die WTA-Turniere in Marokko, Prag und Strassburg. Und dann die Quali für die French Open.

Das Ziel?
Ganz klar die Top 100. Dorthin kann ich es heuer sicher schaffen.

Und wie wichtig ist dir die österreichische Nummer eins?
Vor zwei Wochen war ich noch die Nummer eins. Und wenn ich Turniere gespielt hätte, statt mich auf den FedCup vorzubereiten, wäre ich es immer noch.

Interview: Peter Robic




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