"Es spielen sich Tragödien ab"

Patricia Wartusch im tennisweb.at-Interview zu ihrem Karriereende.

Patricia Wartusch, erst 26-jährige Innsbruckerin, war im April 2000 die Nummer 65 der WTA-Einzelrangliste und im Mai 2003 auf Position 22 im Doppel, holte auf der WTA-Tour zwei Einzel- und sechs Doppeltitel. Nun kehrt sie der internationalen Tennisbühne den - lädierten - Rücken. Ihren letzten großen Auftritt hatte sie beim FedCup Final Four in Moskau Ende November 2004, ihr Einsatz im Doppel bei den Australian Open kam eher zufällig zustande. Nach ihrem letzten Match in Melbourne baten Peter und Peter Patricia zum Abschiedsgespräch.

Das Doppel mit Jasmin Woehr bei den Australian Open war dein letztes offizielles Match. Wie fühlst du dich danach?
Es ist jetzt endgültig zu Ende. Mir hat das Tennis in Melbourne keinen Spaß mehr gemacht, mein Rücken hat weh getan, es war an der Zeit aufzuhören.

Wie zufrieden warst du mit deiner allerletzten Partie deiner Profikarriere?
Übers Tennis müssen wir jetzt nicht reden, glaub ich. Ich hab fast nicht trainiert und hab nur mit Jasmin gespielt, weil sie keine andere Partnerin gefunden hat.

Du bist jetzt 26 - ist das nicht sehr früh, um deine Laufbahn schon zu beenden?
Ich hab Probleme mit dem Rücken; wegen meiner zwei Gleitwirbel müsste ich täglich zumindest eine Stunde zusätzlich trainieren. Außerdem ist es auf der Tour nicht mehr so lässig wie noch vor ein paar Jahren.

Was hat sich verändert?
Die Spielerinnen werden mehr abgeschottet, es gibt weniger Freundschaften. Außerdem werden die Mädchen immer jünger, und es sind immer mehr Eltern dabei.

Du warst jetzt doch viele Jahre dabei - kommt es dir vielleicht nur so vor, dass sich das Rundherum verändert hat?
Glaube ich nicht. Es spielen sich heute regelrechte Tragödien ab.

Tragödien?
Jedes Mal, wenn ich heuer in die Umkleidekabine gegangen bin, hat zumindest eine geweint. Der Druck auf die Mädchen ist einfach enorm, die unterschreiben mit 15 schon Millionenverträge – damit muss man erst umgehen. Eine Ashley Harkleroad liegt nicht umsonst mit Depressionen im Krankenhaus.

Ist das deiner Meinung nach anders als auf der Herrentour?
Für die Burschen ist es super auf der Tour. Bei denen ist es ein reiner sportlicher Wettkampf. Aber Frauen sind einfach emotional anders. Schon wenn man sich einen Trainer teilt, gibt's oft Eifersüchteleien. Da hat es schon richtige Kriege gegeben zwischen den Mädchen.

Du bist da offenbar anders: Du bist als Begleitung deiner Freundin Babsi Schett sogar zur Abschiedstournee nach Australien mit geflogen. Wer sind neben ihr eigentlich deine Freundinnen auf der Tour gewesen?
Ich hab mich mit Barbara Rittner oder Petra Mandula immer super verstanden.

Obwohl du mit Petra Mandula aufgehört hast, Doppel zu spielen. Was war der Grund?
Petra wollte sehen, wie weit es im Einzel für sie gehen kann und hat nur mehr die großen Turniere gespielt. Und da hab ich im Single den Cut nicht mehr geschafft.

Hast du eigentlich über eine Spezialisierung aufs Doppel nachgedacht?
Schon, aber das wär' nur unter den Top 15 interessant gewesen. Zwischen 100 und 50 herumzukrebsen, das bringt nix.

Du sagst, Tennis macht dir keinen Spaß mehr. Wie geht's bei dir jetzt weiter?
Im April beginne ich mit einer Kinesiologie-Ausbildung, die berufsbegleitend ist. Was ich hauptberuflich mache, weiß ich noch nicht.

Wie schaut's denn finanziell bei dir aus? Hast du dir in den Jahren etwas auf die Seite legen können?
Für eine 26-Jährige hab ich einen guten Polster, ich kann sorgenfrei durchs Leben gehen und mir Zeit nehmen, das Richtige für mich zu finden. Ich hab mir jetzt eine Wohnung in Innsbruck gekauft und freu mich zuerst einmal darauf, häuslich zu werden.

Kann man da so einfach umschalten? Eben noch 50 Wochen unterwegs, jetzt immer zuhause Â…
Ich hab am Ende des Jahres gemerkt, wie schön es ist, daheim zu sein. Als Frau denkt man auch daran, einmal Kinder und eine Familie zu haben.

Wann soll es denn soweit sein?
Mit 26 hab ich noch jede Menge Zeit. Wenn man mit 30 aufhört, ist das anders.

Die Tour wird dir nicht abgehen?
Ich denke nicht, es war immer dasselbe. Eigentlich wollte ich ja nie Profi werden, das hat sich so ergeben. Ich war jetzt acht Jahre unterwegs, das ist genug.

Wie? Du wolltest nie Profi werden?
Nach der Matura wollte ich nicht studieren, aber auch nicht arbeiten. Und als ein Angebot vom ÖTV kam, hab ich es angenommen und bin Profi geworden.

Ist es mit dem Tennis jetzt endgültig aus oder spielst du vielleicht noch Staatsliga? Immerhin bist du mit dem Kornspitzteam OÖ Titelverteidigerin …
Genannt bin ich. Schauen wir einmal. Wenn's mich freut, werd' ich spielen.

Interview: Peter und Peter in Melbourne




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