Der Fall Agassi: Droht jetzt Gefängnis?

Die Affäre rund um das Drogen-Geständnis des US-Amerikaners zieht nun immer weitere Kreise. Während ein Großteil der Spielerkollegen mit dem 39-Jährigen hart ins Gericht geht, prüft die Weltantidopingagentur (NADA) unterdessen rechtliche Schritte. Die mögliche Anklage: Meineid.

Agassi selbst hat mit der Veröffentlichung seiner Biografie "Open" sein Sunnyboy-Image mehr als nur angekratzt. Er habe, so der Superstar, 1997 ein knappes Jahr lang die Droge Crystal Meth konsumiert. Nach einem positiven Dopingtest sei er einer Sperre durch die Spielervereinigung ATP nur mittels einer Lüge entgangen: Wie der Superstar heute "beschämt" bekennt, reichte damals ein verlogener Brief an die ATP völlig aus, um sich weiterer Konsequenzen zu entziehen.

Formfehler?
An die Öffentlichkeit gelangt waren diese brisanten Details zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht. Agassi schreibt, dass ihn damals ein Mediziner der ATP vom positiven Drogentest telefonisch unterrichtet hätte. Selbiger teilte ihm aber auch mit, dass er aufgrund eines Formfehlers keine Bestrafung zu befürchten hätte, weil das Protokoll nicht eingehalten worden sei. Agassi selbst begründete den Test damals mit einem Versehen: Er habe unwissentlich eine Limonade getrunken, die von einem Assistenten mit der Droge versetzt worden war.

WADA setzt ATP und Agassi unter Druck
Nun könnte es für den "Paradiesvogel" aus Las Vegas brenzlig werden. Zwar kann man ihn wegen der Einnahme einer verbotenen Substanz nicht mehr belangen, weil "die Verjährungsfrist abgelaufen sei", wie der WADA Generaldirektor David Howman kürzlich zugeben musste. "Aber wenn Agassi unter Eid gelogen hat, erfordert das weitere Untersuchungen, um zu sehen, ob ein Verfahren eingeleitet wird." Zudem fordert WADA Präsident John Fahey nun von der ATP eine sofortige und lückenlose Aufklärung der damaligen Ereignisse.

"Er müsste normalerweise aus dem Verkehr gezogen werden"
Während der Superstar noch jüngst in einem bewegenden CBS-Interview noch um Verständnis für seine Beichte bat, hagelte es seitens Spieler großteils herbe Kritik am US-Amerikaner. Allen voran: Boris Becker, der in einem Interview mit der deutschen "Sportbild" kein gutes Haar am ehemaligen Intimfeind ließ: "Das ist schon allerhand, was er da zugegeben hat. Er war ein Vorbild von Millionen von Jugendlichen. Da muss er jetzt einige Abstriche machen", so der Wimbeldonsieger, "Ich kenne ihn als großen Sportler (...) aber wenn er positiv getestet ist, dann müsste er normalerweise aus dem Verkehr gezogen werden und seine Leistungen aberkannt."

Federer: "Bin sehr enttäuscht"
Nach Roger Federer, der sich ob Agassis Biografie "sehr enttäuscht" zeigte und Rafael Nadal ("Betrüger müssen bestraft werden") reagierte nun auch Martina Navratilova geschockt. Vor allem kritisierte sie, dass sich Agassi damals durch eine gezielte Lüge der Bestrafung durch die ATP entzogen hatte. Einzig Andy Roddick ("Agassi wird stets mein Idol bleiben") und Andy Murray ("Ich beurteile ihn als Tennisspieler. Niemand will Drogen im Sport, aber jeder macht Fehler") halten auf der prominenten Seite dem ehemaligen Champ die Stange.

Droht nun sogar Gefängnis?
Wer jedenfalls nicht auf Agassis Seite steht, ist WADA Generaldirektor Howman: Erst kürzlich deutete er weitere Schritte gegen ihn mittels brisantem Vergleich an: "Wir kennen alle den Fall Marion Jones. Sie hat vor Gericht gelogen, mit so etwas kann man nicht so einfach davonkommen", sagte Howman. Jones saß wegen Meineids sechs Monate im Gefängnis. Sie hatte auf Fragen nach der Einnahme verbotener Substanzen vor Gericht gelogen.



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